Zu Weihnachten habe ich ein schönes Buch geschenkt bekommen. „Mein zuhause zum Aufatmen“ heißt es und darin geht es darum, eine gemütliche Minimalistin zu werden. Es geht darum, den eigenen Stil zu finden, schöne Räume zugestalten, Kram loszuwerden, Ruhe Oasen zu schaffen und zu lernen, wie man das Beste aus einem individuellen Raum macht, welcher es auch immer sein mag.
Manchmal fühle ich mich schon komisch, so etwas hier in Albanien zu lesen und mich damit zu beschäftigen. Manchmal habe ich sogar kurzzeitig ein schlechtes Gewissen. Wie kann ich mich bei so vielen Nöten um mich herum nur mit so etwas Trivialem beschäftigen? Doch da es mir gut tut und es eine gute Ablenkung eben von all dem ist, was an Not ständig auf mich einprasselt, gönne ich mir Momente, mich mit „nicht gerade dem wichtigsten“ zu beschäftigen. Und doch ist es ja auch ganz unwichtig. Wir haben immer wieder viel Besuch gehabt die letzten Jahre und es ist mir sehr wichtig, dass sich Menschen bei uns zuhause und in unserer Familie „sauwohl“ fühlen (wie man bei uns im Frankenwald sagt…)
Bei den allermeisten Albanern hier geht es allerdings nicht unbedingt darum, wie sie ihr zuhause gemütlich und minimalistisch einrichten können. Kaum einer beschäftigt sich mit so etwas. Viele sind Minimalisten. Aber nicht, weil sie sich dafür entschieden hätten, sondern weil sie schlichtweg keinen Kram besitzen, der ihnen alles voll stellen könnte und den sie loswerden müssten. Und falls sie doch einiges haben, dann ist es so gut versteckt, dass es keine neidischen Blicke auf sich zieht. Das Gegenteil ist aber auch manchmal der Fall, nämlich dass man seinen Reichtum extra zur Schau stellt.
Der Stil ist hier auch sehr anders als unserer, obwohl er sich so langsam verändert. Als wir hierher kamen, da war noch in den meisten Zimmern die komplette Wand um das Fenster mit Vorhang zugehängt. Die Leiste ganz oben und über die Länge der Wand gezogen. Ich fand es höchst unvorteilhaft und oft erdrückend und einengend. Auch kam dadurch so gut wie kein natürliches Licht in den ohnehin schon dunklen Raum. (Wie kann man nur mit so wenig Tageslicht leben? Das ist für mich eines der wichtigsten Dinge in der Wohnung: Licht!)
Nun ja, seit ungefähr vier Jahren hat sich hier im Ort dann immer mehr die Gardinenstange durchgesetzt. Es war schon fast revolutionär, als meine Freundin sich bei ihrem Mann durchsetzte und ihn tatsächlich dazu brachte, Halterungen in die Wand zu bohren für dieses neumodische Ding.
Seither hat dieser Trend doch breite Kreise gezogen und immer mehr Haushalte haben auf Gardinenstange umgestellt.
In unserer kleinen Wohnung allerdings herrscht mein Stil vor. Es ist für mich sehr wichtig, dass ich mich hier in der “Fremde“ in meinem Zuhause wohl fühle. Viel natürliches Licht, kleine Lampen am Abend die gemütliche Atmosphäre verbreiten, Bilder der Kinder an den Wänden, Bücherregale, viele Pflanzen usw.
Etwas, was wir allerdings mit den meisten albanischen Haushalten hier teilen, ist die Enge, ist die kleine Größe der Wohnung (oder wie man das sagt…). Allein dieser Fakt zwingt mich, minimalistisch zu sein und zu bleiben.
Dieses Buch nun, das ich lese, geht wohl eher davon aus, dass jeder ein Haus besitzt und nicht weiß, was zu tun mit all dem Platz. Für was möchtest du den Raum nutzen, war eine Frage. Nun, unser 4x4 m2 Schlafzimmer wird zum schlafen, zum arbeiten, zum spielen und als Wohnzimmer genutzt, da es neben der kleinen Küche der einzige „Gemeinschaftsraum“ ist (naja, eigentlich ist es primär unser Schlafzimmer…). Da ist dann nur noch das gleich große Kinderzimmer, das vier Kindern Platz zum schlafen und spielen gibt, allerdings im Winter nicht immer ganz warm ist…
Diese großen Unterschiede der Lebensweise hindern mich allerdings nicht, mich an dem Buch zu freuen (die Autorin ist übrigens auch gläubig:) und mich dennoch inspirieren zu lassen. Es ist auch eine schöne Herausforderung, als 6-köpfige Familie so eng zu leben und es zu einem schönen und praktischen Lebensraum für alle zu machen. Und es ist erstaunlich, wie man doch immer wieder Dinge verändern kann und neu gestalten kann, wenn man Mut und ein Ja zur Veränderung hat.
Und es ist gut, da ich, wenn ein Raum mir zu laut wird (d.h. wenn sich zu viel ansammelt, es zu unordentlich wird, man keinen Platz mehr findet …) automatisch beginne, auszuräumen, wegzugeben, auszusortieren. Das bringt es mit sich, wenn man einfach keinen Platz hat für Krempel… 😉 Immer wieder packt es mich deshalb und ich versuche, mit so wenig auszukommen, wie möglich, klar zu sortieren, und mir auch Gedanken zu machen, wem ich was schenken könnte.
Ich merke, wie meine Augen aus sind nach Schönheit. Irgendwie hat Gott mich so gemacht. Irgendwie denke ich, hat Gott uns alle so gemacht. Die ultimative Schönheit zu sehen, das ist Jesus, seine Herrlichkeit und Schönheit, ach, wenn ich die doch nur immer so vor Augen hätte wie meine schöne neue Deko, an der ich mich so freue… alles ist letztendlich ja der Abglanz seiner Schönheit, alles, was hier auf Erden ist.