Vom Ausreisen und Zurückkehren

von Rahel Fröse am 8. März 2021

Für viele gelten wir als Menschen, die Risiken eingegangen sind. Wir haben unsere Füße aufs Wasser gesetzt und sind gegangen. Wir leben in Albanien mit vier Kindern, in einer abgelegene, medizinisch total unterversorgten Gegend. Es gibt nicht viel hier. Und als wir vor gut sieben Jahren losgezogen sind, da kamen wir in ein uns fremdes Land, mit einer fremden, schwierigen Sprache, einer komplett anderen Kultur, wir kannten so gut wie niemanden und all das unbekannte war zeitweise sehr herausfordernd. Ja, sicher war es ein gewisses Risiko. Aber es war mehr noch das Rufen Gottes, das uns hierher gebracht hat. Und es war die Gnade Gottes, die uns hier gehalten hat.

Jetzt stehen wir wieder an einem Ufer. Das Fremde ist uns bekannt geworden. Die schwierige Sprache hat sich uns entschlüsselt und wir fühlen uns wohl mit ihr. Die Menschen sind uns Freunde und Familie geworden, der unbekannte Ort am Ende der Welt, ja, er hat sich zu unserem Zuhause gewandelt. Hier fand mein Leben statt. Hier habe ich mich weiterentwickelt und hier haben wir mit den Menschen gelacht und geweint, gefeiert und getrauert. Hier sind unsere Kinder das erste mal in einen Kindergarten gegangen, hier haben sie ihre Einschulung gefeiert. Hier haben wir als wachsende Familie gelebt, Siege errungen und Niederlagen hinter uns gelassen. Hier haben wir Gott von ganzem Herzen gedient und ach, welch Vorrecht es war und ist!

Aber wir stehen wieder am Ufer. Als ich Ende letzten Jahres an einem großen See war, lag dort ein altes Fischerboot still an Land. Seine Spitze zeigte auf das weite sich vor mir ausbreitende Wasser. Es war ruhig und im Dunst wirkte es mysteriös und unbekannt. Es war mir, als würde Gott mich auffordern, loszufahren. Aufs Wasser hinaus. Loszulassen, das nun bekannte Ufer verlassen und zu vertrauen. Ich ahnte, was es heißt. Ich spürte eine gewisse Angst, die in uns Menschen ganz natürlich hochkommt, wenn etwas Unbekanntes vor uns liegt. Ein Herz, das schneller schlägt und aus dem Gleichgewicht kommt. Aber auch die tiefe innere Ruhe, dass Gott alles weiß.

Einige Wochen später trafen wir im Frieden vor Gott die Entscheidung, genau das zu tun. Loszulassen und aufzubrechen. Wieder vertrautes hinter sich zu lassen und…

Naja und zurückzugehen woher man gekommen ist. Zurück zu dem damals vertrautem. Zurück zu Familie und Freunde. Zurück zur Muttersprache und zurück zur bekannten Kultur. Man weiß wieder, wie man sich wann wie und wo zu verhalten hat, was zu sagen und was besser nicht… oder?

Der Schritt wieder zurück ist für mich ein ebenso großer Glaubensschritt, wie der, der uns nach Albanien gebracht hat. Die Entscheidung zurück zugehen fällt mir viel, viel schwerer als die, Deutschland zu verlassen. Es ist wieder ein Schritt des Glaubens, auch in das ehemals bekannte zurückzukehren. 

Deutschland hat sich verändert. Ich habe mich verändert. All die Jahre haben viel mit mir und uns gemacht. Es wird nicht leicht werden. Es ist ein losfahren in ein zwar bekanntes und doch so fremd gewordenes Land. Viele werden nicht verstehen, dass es mir so geht. Viele werden da weitermachen wollen, wo wir aufgehört haben. Aber das geht nicht. Zu viel ist passiert, mein Herz hatte sich an das unbekannte gewöhnt und es langsam als bekannt adoptiert. Nun muss es wieder umprogrammiert werden. Das hart erkämpfte normale gleitet langsam wieder aus meinem Herzen und muss wieder ersetzt werden mit dem vormals normalen. Und das tut weh. Es ist ein trauern, ein loslassen, ein abgeben von einem Teil meiner selbst. 

Zuletzt las ich Psalm 112 und oh, wie hat dieser Psalm zu meinem Herzen gesprochen:

„Er (oder sie) wird sich nicht fürchten vor böser Nachricht.

Fest ist sein (oder ihr) Herz, es vertraut auf den Herrn.

Beständig ist sein (oder ihr) Herz, er (oder sie) fürchtet sich nicht…“ (Psalm 112,7-8)

Ich möchte diesen Vers etwas für mich umschreiben. Und wenn du möchtest kannst du einfach deinen Namen einsetzen:

Rahel
wird sich nicht fürchten
vor böser Nachricht,
vor unbekannten Dingen,
vor Traurigkeit und Einsamkeit,
vor dem Unverstanden sein und dem sich zurücksehnen.
Sie wird sich nicht fürchten
Vor Schwierigkeiten mit den Kindern
Vor dem Gefühl des Verlustes und des Versagens
Vor der der wohlbekannten Fremde
Vor Unsicherheit und offenen Fragen.

Fest ist Rahels Herz,
Es vertraut ja voll und ganz auf den Herrn!

Auf seine Kraft und Stärke
Auf seine Gegenwart und Nähe
Auf seine Ermutigung und Befähigung
Auf seine Liebe und Treue
Gnade und Annahme
Führung und Halt,
Zuversicht und Vergebung…

Beständig ist Rahels Herz,
Sie fürchtet sich nicht!

Dieses feste und beständige, verwurzelte Herz möchte ich haben und darum kämpfen. Den Lügen nicht glauben, sondern der Tatsache: auch auf diesem Weg geht Er mit und leitet und ruft und befähigt und erfüllt und… führt zum Ziel! Halleluja!

Photo by Erol Ahmed on Unsplash

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