Unsere kleine Stadt - Ein Rundgang

von Rahel Fröse am 3. Februar 2014

Gideon und LiviaIMG_5723Eine Stadt - verachtet, vergessen, verloren - so ließe sich die Stadt beschreiben, in der wir nun leben. Viele haben diese Stadt verlassen und sind nach England ausgewandert. Andere würden alles dafür geben nach Deutschland zu kommen. Aber immer noch leben hier viele Menschen. Und so geht das Leben weiter, auch wenn vieles hier so hoffnungslos erscheint.

Mit diesem Artikel wollen wir euch ein wenig mit hinein nehmen in das Leben hier.

Das Leben hier ist ruhiger und langsamer. Früh am morgen hört man nicht die Autos der Schnellstraße oder Autobahn, Züge, Flugzeuge oder anderen Lärm, den wir in Deutschland gewöhnt waren. Hier bellen die Hunden, gackern die Hühner oder man hört die Kühe von ferne.

Viele sind arbeitslos

Die meisten Menschen hier haben keine geregelte Arbeit. Dennoch sieht man oft schon früh morgens die Männer, oft auch in kleinen Gruppen, auf den Straßen laufen. Ihr Ziel ist nicht ihre Arbeitsstelle, sondern eines der 40 Cafés im Ort. Wenn sie nicht im Café sitzen, Raki oder türkischen Kaffee trinken und eine rauchen, stehen sie auf der Hauptstraße herum, reden und schauen sich einfach nur um. Frauen sind kaum zu sehen, kleine Kinder wie unsere, gar nicht!

Kinder

Kinder, von denen es hier jedoch viele gibt, gehen in die einzige, aber sehr große Schule. In den Pausen sieht man sie, wie sie sich kleine Snacks kaufen in den kleinen Imbissläden. Da gibt es Bürek und andere leckere Sachen. Verpackungen werfen sie oft einfach achtlos auf den Boden.

Einkaufsmöglichkeiten

Unser Obst und Gemüse kaufen wir in den vielen kleinen Läden. Dabei schwankt es von Tag zu Tag, was sie im Angebot haben. Neben frischen Sachen wie Tomaten, Gurken, Paprika, Kohlköpfen, Lauch, Äpfeln, Mandarinen, Orangen etc. gibt es auch immer mal wieder Bananen, Spinat oder andere leckere Sachen. Da wir, Gideon eingeschlossen, sehr gerne all das essen, geht es uns da echt gut mit. Ansonsten kann man dort alles mögliche kaufen. Im Laufe der letzten Jahre ist immer mehr ins Sortiment gekommen. Dinge wie Saft, Milch, Hygieneartikel, etc. sind um Vergleich zu Deutschland eher teuer.

Günstiger und mehr Auswahl haben wir da in der nächst größeren Stadt im Kosovo. Dort gibt es große Einkaufszentren. So alle zwei Wochen gehen wir auch mal dort zum einkaufen. Wasser z.B. kaufen wir dort in großen 8-10 Liter Kanistern, da das Kranwasser hier sehr kalkhaltig und auch sehr dreckig ist, also zum Trinken nicht geeignet.

Kindergarten

Gideon und LiviaIMG_5773Immer wieder fragen die Leute hier, ob Gideon mal in den Kindergarten gehen wird. Ja, das gibt es hier auch. Er ist ziemlich groß, hat teilweise auch bunte Basteleien an den Fenstern und im Garten befinden sich alte, verrostete Spielgeräte, die in meinen Augen eher eine Gefahr als eine Freude für die Kinder darstellen. Diese sehen das natürlich anders. In der ganzen Stadt sind das die einzigen Spielgeräte. So etwas wie einen Spielplatz gibt es, trotz der vielen Kinder, keinen einzigen (das wäre doch mal ein tolles Projekt!).

Wohl gibt es einen winzig kleinen "Park", sprich eine Grünfläche mit kleinen Wegen und eine kleine Baumallee, was in dem doch eher tristen Stadtbild schon heraus sticht. Ich bin gespannt, wie es da im Sommer aussieht.

Bäckereien

Gideon und LiviaIMG_5772Des weiteren gibt es drei Bäcker, die wirklich gutes Brot (natürlich nicht mit unserem Deutschen zu vergleichen) und "Brötchen" verkaufen. Das ist hier auch echt günstig. Wir kaufen meistens bei einem Bäcker unser Brot. (siehe Foto.) Der Verkauf geschieht durch ein kleines Schiebefenster. Trotz dass das Brot hier so billig ist, backen die allermeisten hier im Ort ihr Brot jeden Tag selber. Es ist sehr wichtig, dass es frisch ist und zu jeder Mahlzeit gehört es einfach dazu.

Metzger

Metzger gibt es auch, aber da sie keinerlei Kühlmöglichkeit haben oder wenn doch vielleicht ihre Kühlschränke nachts abschalten, kaufen wir hier kein Fleisch. Vor kurzem gabs eine Zeit in der viel geschlachtet wurde. Die Metzger legen dann die Felle einfach vor die Tür. (siehe Foto)Gideon und LiviaIMG_5646 Auch Schlachtabfälle werden einfach vor die Tür gelegt. So kann es passieren, dass man dann Hunde sieht die in der Stadt herumlaufen und irgendwelche Reste von Kühen im Maul haben. Wir haben gehört, dass es vor den Metzgereien im Sommer richtig stinken soll.

Wir haben auch in Deutschland sehr fleischarm gelebt und hier sind wir fast zu Vegetariern geworden. Jetzt hat im Kosovo ein neuer Laden geöffnet, der, wie es aussieht, eine gute Fleischtheke hat. Mal sehen, ob sich unser Fleischkonsum damit ändert.

Andere Einrichtungen

Neben mehreren Frisörsalons, der Post (deren Dienste viele unserer Freunde schon in Anspruch genommen haben), einer Wechselstube (im Kosovo gibt es Euro als Währung, in Albanien Lekë), einem Hotel, einer Polizeistation, einem Rathaus, Schreinereien, einem Baugeschäft und einem Haushaltswarenladen, prägen vor allem die Pallatis das Stadtbild.Gideon und LiviaIMG_5721 Das sind die mehrstöckigen Häuser mit meist einem Balkon (auf dem jetzt oft das Holz gelagert wird). Dort leben die meisten hier. Wie ich feststellen musste, befindet sich hinter jeder Tür eine andere Welt. Ich dachte, dass eher die Armen in diesen Häusern leben. Dem ist aber nicht unbedingt so. Manche Wohnungen sind richtig groß und sehr schön eingerichtet. Der große Vorteil dabei ist auch, dass es dort viel wärmer ist, als in Einzelhäusern, da einfach viel mehr geheizt wird.

Das Straßenbild

Gideon und LiviaIMG_5713Geht man durch die Straßen, z.B. in unserem Stadtviertel, sieht man nur mit Betonsteinen gemauerte Wände, oder einfache, aber blicksichere Holzzäune. Jeder legt doch viel Wert auf Privatsphäre. Während die Straßen oft dreckig sind, ist es in den Gärten und um das Haus herum meist sehr schön gepflegt und sauber. Dafür sorgen die fleißigen Frauen, die jeden Tag das ganze Haus putzen. Überall sieht man Teppiche und Wäsche draußen hängen, auch bei höheren Minusgraden.

Der naheliegende Fluss

Nicht weit von unserem Haus entfernt gibt es einen kleinen Fluss, der aus einer Quelle in den Bergen entspringt. Leider ist der Flussverlauf mit Müll, Schutt und anderen Dingen "zugemüllt" - streunende Hunde, Katzen und Kühe suchen sich hier ihr Futter.  An verschiedenen Stellen in der Stadt gibt es kleine gemauerte Plätze für den Müll. Doch, so ist man hier der Auffassung, das Fluss trägt den Müll schon weg. Dem ist leider nicht so. Schade, sonst wäre es dort echt sehr schön.

Die Moschee

An der Hauptstraße befindet sich eine relativ große Mosche, die von arabischen Staaten finanziert wurde. Die meisten hier in der Stadt haben aber eher ein distanziertes Verhältnis zu ihrem eingetragenen Glauben, dem Islam. Wenige besuchen die Mosche regelmäßig, oder gehen in den Koranunterricht. Die Jahrzehnte des Kommunismus haben die Menschen sehr geprägt und teilweise auch den Glauben an einen Gott ins Wanken gebracht. Dennoch ertönt die Stimme des Muezzin in der Stadt zu den festgesetzten Gebetszeiten, für uns immer wieder eine Erinnerung für die Menschen hier zu beten!

So, das war nun mal ein kleiner Einblick in unsere Stadt. Sie ist nicht besonders groß, nicht besonders schön, nicht besonders anziehend, aber sie ist besonders geliebt von unserem Vater im Himmel. Er hat uns hier hergestellt und wir freuen uns schon auf den Tag, an dem hier eine Gemeinde seinen herrlichen Namen loben und preisen wird!

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