Und immer wieder dieses Elend

von Rahel Fröse am 3. Januar 2019

Es ist Neujahr. Viele starten in das Jahr mit neuer Hoffnung, mit neuen Visionen für ihren Beruf und ihre Familie, für ihre Gemeinde und ihr eigenes persönliches Leben. Ein neuer Kalender wird begonnen, schön und unbeschrieben, der Urlaub wird geplant, Holland oder doch lieber die Türkei? Einige versuchen, ihre neu zugewonnen Pfunde wieder abzubauen... es sind Tage, in denen man Familie und Freunde besucht, meist in froher Runde das Leben genießt. 

Nun, das Leben hier ist anders. Auch hier beginnt ein neues Jahr. Aber in den allermeisten Familien ist es so anders als in unserer Heimat, in Deutschland. Ich möchte nur kurz drei Beispiele nennen, erzählen von drei Besuchen, die ich gestern gemacht habe und die die Macht hätten, mich völlig verzweifelt zurück zulassen im Angesicht dieses Elends. Wenn da nicht die frohe Botschaft von Jesus wäre!!

Meine Freundin, die keine Kinder kriegen kann

Meine gute Freundin, die vor drei Jahren geheiratet hat, ist gerade wieder hier zu Besuch. Ich weiß, dass es ein großes Problem ist, wenn sie nicht bald schwanger wird. Das ist nun mal die höchste Pflicht einer Frau hier, die heiratet: möglichst schnell einen männlichen Nachkommen gebären. Bei ihr war es schwer. Sie hatte schon eine OP hinter sich und nun erzählt sie mir, dass sie eine künstliche Befruchtung hat machen lassen (was das hier kostet, möchte ich nicht wissen). Die erste schlug nicht an und nun stand der Befund für die zweite an. Heute war sie in Tirana, um das Ergebnis zu erhalten. Gestern sagte sie mir doch recht nüchtern, dass sie zurück zu ihrer Mutter gehen wird, wenn sie nicht schwanger ist. Ihr Mann wird eine andere Frau heiraten. Sie könne schon im Haus bleiben, aber das hielte sie nicht aus. (Es kommt noch dazu, dass sie eine unbehandelte Hüftdysplasie als Baby hatte und nun nicht normal laufen kann.) Zurück zu ihrer Mutter zu gehen bedeutet, dass sie ihre Ehe auflöst und rein menschlich gesehen auch keine Chance mehr auf Wiederheirat hat. Sie hat gleich drei „Makel“: sie ist behindert, sie war verheiratet und sie kann keine Kinder bekommen. Kein Mann möchte so eine Frau haben. Es klingt so gemein, so hart, aber leider leider ist die Kultur und Gesellschaft hier so. 
Gerade schrieb sie mir, dass sie nicht schwanger ist. Sie ist einfach sehr traurig, schrieb sie noch. Keine Kinder bekommen zu können ist das eine. Aber dann auch noch von der Familie „verstoßen“ zu werden ist das andere. Ich weine für sie. Es tut mir einfach so leid!

Unser Nachbarssohn, der ausgewandert ist

Dann ein Haus weiter. Eine Familie die ich schon immer wieder besucht habe. Die Frau hat schon einiges in der Bibel gelesen und ich habe schon öfter offen über das Evangelium reden können. Nun sehe ich sie seit längerer Zeit wieder. Sie erzählen, dass ihr großer Sohn, 17 Jahre alt, allein nach Frankreich ging, ohne Schulabschluss, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Der Vater raucht seine Zigarette, er versucht immer wieder Arbeit als Tagelöhner im Kosovo zu finden. Jetzt im Winter fast aussichtslos. Sie wollten nicht, dass er geht, aber was sollen sie machen. Die Mutter hat immer wieder Schmerzen, wahrscheinlich einen Bandscheibenvorfall, der nicht behandelt werden kann. Sie brauchen dringend Geld von einem Sohn, der sich irgendwie im Ausland Arbeit beschaffen kann. Auch wenn er noch minderjährig ist. Ich sitze da und blicke in diese Gesichter. Hoffnungslos, traurig. Ich kann ihnen nur von der Hoffnung in Jesus erzählen...

Der verwitwete Vater von 7 Kindern

Später am Abend packen wir noch Essen ein und fahren zu der wohl ärmsten Familie die wir kennen. Sie leben unter erbärmlichen Umständen. Schlimm. Ein Vater und seine 5 Kinder (eine Tochter ist verheiratet, ein Sohn ist im Gefängnis). Wir haben schon immer wieder geholfen, z.b.  dass sie fließend Wasser haben, eine gute Tür und wir helfen ihnen mit Lebensmitteln. Die Kinder hatte ich versucht, letztes Jahr in die Schule zu integrieren, leider ohne Erfolg. Anscheinend war das Mobbing doch zu unerträglich. Wir machen uns immer wieder Sorgen um diese Teeny Mädels, die oft allein und schon in der Dämmerung unterwegs sind. Das macht man hier überhaupt nicht und sie haben teilweise ihren Ruf schon weg. Welche Zukunft haben diese Kinder. Wie kann man ihnen helfen? Welche Botschaft hat Gott für sie?

Ihr seht, das Leben hier ist anders. Das Leid der Menschen ist anders. Manchmal frage ich mich, wie man so nur leben kann. Was hält sie aufrecht? Was bringt sie jeden morgen aus dem Bett? Ich muss aufpassen, dass ich mich nicht hineinziehen lasse in diese Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit.

Es gibt Hoffnung!! Es gibt Hoffnung in Jesus! Es gibt Hoffnung auf ein ewiges Leben! Ein Leben ohne dieses Elend. Man soll ja Menschen nicht auf die Ewigkeit vertrösten, aber warum nicht? Wir können uns als gut situierte Deutsche kaum vorstellen, unter welchen Bedingungen die Menschen hier (und in so vielen Teilen der Welt) leben müssen. Da scheint mir die Perspektive der Ewigkeit in so einem anderen Licht. Sehnsucht danach verspüre ich. Sehnsucht nach Erlösung, Sehnsucht nach Gerechtigkeit, Sehnsucht nach einem Leben ohne Tränen, Sehnsucht, Jesus zu sehen!

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