Letzte Wochen in Albanien

von Rahel Fröse am 8. Juni 2021

Es ist fünf Uhr morgens. Ich kann nicht mehr schlafen. Heute ist der 1.Juni  und damit hat unser letzter Monat in Krume begonnen. Schon wenn ich das schreibe könnte ich heulen. 

Wie so oft in den letzten Wochen und Monaten kreisen meine verschlafenen Gedanken zu so früher Stunde nur um das eine: wir gehen von hier weg. Bald wird Krume ein Kapitel unseres Lebens sein, das abgeschlossen ist, ein ganz neues tut sich auf, in Deutschland. Diese Gedanken sind begleitet von vielen unterschiedlichen Gefühlen, aber doch hauptsächlich mit einer großen Trauer und einem großen Schmerz. Fast acht Jahre leben wir nun hier und unser Leben, unser ganzes Sein ist sehr eng verwoben mit dem Leben und den Menschen hier.

Wir haben unseren Dienst mit Freude und Hingabe getan, die Schwierigkeiten und Herausforderungen, die wir gerade am Anfang und am Ende unserer Zeit hier hatten, all das hat uns nur noch enger mit diesem Ort verbunden. Unseren jetzigen vertrauten Umgang mit dem Leben hier, den haben wir uns erkämpft. Und so wie eine Ehe durch erfolgreich durchlebte Stürme stärker wird, so auch unsere Verbindung zu hier. 

Da ist die Traurigkeit. Mir sagte jemand, dieser Prozess ist zu vergleichen mit dem Verlust eines geliebten Menschen. Es ist ein bewusstes loslassen gefragt und ein immer wieder voller Vertrauen sich an Gott hängen. Ängste, die hochkommen, zu Gott bringen. Schmerz, der manchmal sehr heftig sein kann, spüren und loslassen. Es stirbt niemand wirklich, aber es scheint, als ob etwas in einem stirbt. Etwas, das man festhalten will, und je fester man es hält, desto schneller rinnt es einem zwischen den Fingern hindurch, wie Sand am Meer. Es ist unaufhaltsam. 

Ich weiß, dass es so richtig ist. Aber diese rationalen Gedanken verlieren meist gegenüber den starken Gefühlen der Trauer. 

Ja, natürlich freut man sich auch wieder auf einiges in Deutschland, aber um ehrlich zu sein, ist das im Moment sehr in Hintergrund. Als Danny in Deutschland war und im Haus gearbeitet hat, sprach ich per Video mit ihm und ein alter Freund fragte dazwischen voll Enthusiasmus: “Und freust du dich schon auf euer neues Haus?“ Ehrlich gesagt hat mich dieses Frage völlig überrumpelt und ich konnte gar nichts antworten. 

Es ist nicht, dass ich mich nicht freue und dankbar dafür bin. Aber im Moment bin ich noch so eingenommen von allem hier, dass es mir schwer fällt, mich schon auf das kommende richtig vorzubereiten. (Mein Mann ist da anders und das ist im Moment auch sehr gut so, wenn auch teilweise herausfordernd, wenn es darum geht, sich gegenseitig zu verstehen.)

Ich habe seit einigen Tagen begonnen, ein gutes Buch zum Thema „Re-Entry“ zu lesen. Re-Entry ist das englische Fachwort für das Zurückkehren eines Missionars vom Missionsfeld. Ich habe schon viel darüber gehört und auch gelesen, habe Erfahrungsberichte erzählt bekommen und selbst schon mal einen erlebt, als ich nach einem Jahr Haiti zurück nach Deutschland kam. Es ist etwas, das ich fürchte. Etwas, vor dem ich Respekt habe. Nicht nur wir Erwachsenen machen das durch, sondern auch unsere Kinder. Und jedes auf seine Art und Weise. 

Man kommt in seine Heimat zurück und fühlt sich fremd. Orientierungslos. Allein. Einsam. Unverstanden. Da ist man doch zurück bei Familie und Freunden, aber man fühlt sich nicht mehr dazugehörig, irgendwie wie von einem anderen Stern. Die tief eingeprägte Vergangenheit, all die Jahre in der fremden Kultur, sie haben mich verändert, haben mein Innerstes umgeformt und das sieht man von außen nicht aber das ist es, was mich ausmacht. 

Oft ist der Schock, den man dann erlebt, wenn man in seine Heimat zurückgekehrt größer als der, den man immer so fürchtet, wenn man ausreist. 

Ja, es sind die letzten Wochen hier. Bald wird diese Phase meines Lebens zu Ende gehen. Wie tröstlich sind für mich die Worte aus besagtem Buch:

„Wenn es Gottes Wille für dich ist zu gehen, dann musst du dein Vertrauen in ihn setzen. Gott wird sich um das kümmern, was nicht in deiner Hand liegt. Er will, dass dein ganzes Vertrauen in ihm liegt!“ (Peter Jordan, „Re-Entry“)

Und dieses Wissen aus Psalm 94,18-19 ist mir sehr kostbar:

„Wenn ich sagte: Mein Fuß wankt! (So fühlt sich das oftmals an im Moment…)
So unterstützte mich deine Gnade, Herr.
Als viele unruhige Gedanken in mir waren,
Beglückten (liebkosten)
Deine Tröstungen meine Seele.“

Gott ist treu und er wird mir auch in dieser herausfordernden Phase meines Lebens helfen!

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